Die GT’s von Cosmoledo und die Geister von Menai

Reisen in Zeiten der Pandemie – Seychellen Februar 2021

Nach einem Jahr Fischerei-Abstinenz beschloss ich, mich der Gruppe von Helmut Zaderer anzuschließen. Helmut organisiert seit Jahren Fliegenfischer Trips nach Cosmoledo, wo er sich bestens auskennt. Die Gruppe bestand aus 8 Fliegenfischern „Kay, Peter, Allen (USA), Helmut, Günther (Österreich), Andre (Schweiz), Gerhard und Stephan (Deutschland)“.

Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass der administrative Aufwand in Zeiten der Pandemie enorm war. Seitenweise Formulare ausfüllen, Versicherungen aktualisieren, auf diversen App’s anmelden, PCR Tests machen und und und …

Alle sollten sich am 25.02.2021 spätestens um 09:00 Uhr am Treffpunkt auf Mahé/Seychellen einfinden. Jeder war für seine Anreise selbst verantwortlich. Mit Hilfe meines Reisebüros (DSI Reisen) konnte ich alle formellen Hürden meistern und die Flüge wurden gebucht. Unterstützung erhielt ich auch von der Partneragentur Seven South auf den Seychellen. Ab Mahé übernahm die hiesige Reiseagentur (Blue Safari Seychelles).

Geplant waren 6 Tage Fliegenfischen auf Cosmoledo und noch 2 Tage wegen der Quarantänebestimmungen auf Alphonse Island – könnte auch schlimmer kommen. Danach reiste die Gruppe dann wieder in ihre Herkunftsländer zurück. Ich blieb noch eine Woche auf Praslin Island, wo unser Boot steht – der Reisebericht für Praslin wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht.

Die Hinreise verlief unkompliziert und nach Plan. Auf Mahé angekommen trafen sich alle am Hangar 9. Danach ging es mit dem Flugzeug nach Alphonse (Dauer 1 h). Von Alphonse nach Astove Island (Dauer ca. 2 h) und von Astove mit dem Boot nach Cosmoledo (Dauer ca, 2 h). Bei unserer Abreise stand die Wettervorhersage auf Sturm, Regen, Gewitter. 2 Cyclone trieben sich in der Gegend um Madagaskar herum und sorgten für wechselhaftes Wetter.

Cosmoledo ist DER Hot-Spot für jeden Fliegenfischer, der es auf GT’s abgesehen hat. Man sagt, es wäre der beste Platz auf der Welt, um diese Fische mit der Fliege zu fangen. Cosmoledo ist ein großes Atoll mit einem Durchmesser von ca. 17 km und liegt 1030 km süd-westlich von Mahé entfernt. 1822 wurde das Atoll von der Moresby Expedition entdeckt und besteht aus 2 Hauptinseln, South Island, auf der sich das Camp befindet und der gegenüberliegenden „unbewohnten“ Insel Menai – eine schöne Grusel-Geschichte dazu am Ende des Berichts.

Am ersten Tag hatten wir spiegelglatte See, 0 Wind und der Planet hat mit 30 Grad Celsius geglüht. Beim Dinner wurde ich von allen auf Grund meiner Wetterprognose belächelt … In der Nacht sollten wir dann die Ausläufer der beiden Cyclone zu spüren bekommen. Nicht nur dass unsere Container von den Windböen gewackelt hatten, auch Starkregen, Blitz und Donner kamen hinzu und dass für die nächsten beiden Tage. Für den Fliegenfischer wahrlich keine optimalen Bedingungen. Wir konnten immer mal zwischen den Niederschlägen für ein paar Stunden an die Spots fahren und warfen unsere Hühnchenstreamer und Popperfliegen bei 30 Knoten Wind im Rücken irgendwo an vielversprechenden Stellen blind durch die Gegend. Auf Sicht fischen war in diesen beiden Tagen leider nicht möglich.

In der darauffolgenden Zeit wurden die Bedingungen von Tag zu Tag wieder besser und die Fänge stellten sich entsprechend positiv ein. Wir fingen alle kontinuierlich unsere Fische. An einem Tag stand ich im Standflat, als auf einmal 2 Rochen mit 3 Permits auftauchten. Ich verfolgte die Gruppe bestimmt eine halbe Stunde im Flat, bis die Rochen begannen, in Wurfweite zu buddeln. Die Permits suchten dazwischen nach Futter. Ich warf meine Krabbenfliege genau zwischen die Rochen und hoffte, keinen Rochen zu haken. Plötzlich ein heftiger Biss und die Fliegenschnur mit samt Backing flog von der Rolle. Yeeeeeessss hookup. Nach einigem Hin und Her dann die totale Ernüchterung; Ich hatte einen großen Emperor am Haken. Genau den Fisch hatte ich nicht zwischen den Rochen und Permits gesehen – so knapp und so ein Pech dachte ich. Ich war im totalen Permit Fieber.

Jeder hatte zwischenzeitlich seine persönlichen Sternstunden. Meine sollte am letzten Tag kommen. Ich war mit dem lokalen Guide Alex unterwegs. Alex ist auf Praslin geboren und seit 9 Jahren Guide auf Cosmoledo. Wir fuhren durch das Innenatoll nach Menai. Die Insel gilt als unbewohnt und wir trieben auf der Innenseite des Atolls mit dem Skiff auf der Suche nach GT’s an der Insel entlang. Alex stand hinten auf der Erhöhung und ich vorne am Boot, wurfbereit für einen entgegenkommenden GT. An diesem Morgen war es windstill. Plötzlich lauschte ich einer Unterhaltung von der Insel aus kommend. Wie, was wo, da lebt doch keiner??? Ich drehte mich zu Alex um und fragte ihn „hörst Du das auch“? Ja sagte er mit großen Augen, aber da lebt doch keiner… Die Unterhaltung zwischen 2-3 Personen war klar und deutlich zu hören. Die Sprache kannten wir beide nicht, es war kein Creol oder eine Sprache, die wir identifizieren konnten. Die Dialoge waren aber klar und deutlich zu hören und das über ca. 30 Minuten. Am Strand war niemand zu sehen. Die Unterhaltung kam aus dem Dschungel – absolut gespenstisch kann ich euch sagen. Ich glaube nicht an Geister und vermutete, dass vielleicht ein Boot auf der anderen Seite der Insel stand – war aber nicht so, da war niemand…

Gegen Mittag, kurz vor der High Tide wechselten wir den Platz und entschieden uns, am Außenatoll entlang des Surfs zu laufen und auf mit der Flut reinkommende GT’s zu fischen. Wir liefen einige Kilometer im knietiefen Wasser am Riff entlang und sahen große Haie und einige gute Trigger-Fische. Einen großen Trigger hatte ich noch nie gefangen und ich versuchte mein Glück. Nach ein paar Würfen biss der Trigger auf meine Fliegen und nach ein paar Fluchten konnte Alex den Fisch mit der Hand sicher landen – Superjubel und ich war happy wie ein Glückskecks.

Dann sollten meine persönlichen 2 Sternstunden kommen. Auf einmal sahen wir die GT’s in den Wellen in Richtung Innenatoll surfen. Fast jeder Wurf wurde mit einem heftigen Biss und das meistens ein paar Meter vor uns im Flachwasser belohnt. Für Fotos war so gut wie keine Zeit, denn die Fische schwammen im Minutentakt auf uns zu. Es war der absolute Wahnsinn. Die Bisse kamen teilweise erst kurz vor der Rutenspitze. Wir hatten gerade ein gutes, pechschwarzes Exemplar gefangen, von dem ich unbedingt ein Foto haben wollte. Alex hielt den Fisch im Wasser fest und ich kramte in meinem Rucksack nach dem Handy. In diesem Moment schrie Alex „Stephan 5 more coming – cast, cast” … Alex hielt den Fisch fest und ich hakte direkt mit dem nächsten Wurf einen weiteren GT. Im Eifer des Gefechtes entglitt Alex der schwarze GT und wir landeten das nächste Exemplar. Nach knapp 2 Stunden hatten wir 8 GT’s gefangen und mussten aufgrund des stark steigenden Wasserstandes zu unserem Boot zurück. Der Tidenunterschied betrug zu dieser Zeit über 2 Meter und das ging alles sehr schnell.

Zurück in der Lodge beim Abendessen erzählte Alex seinen Kollegen die Geschichte von Menai – keiner glaubte ihn, sodass ich die Geschichte auch noch mal erzählen und bestätigen musste. Alle haben uns ausgelacht und meinten, der Wind hätte uns einen Streich gespielt…

Am nächsten Tag begannen wir unsere Rückreise mit dem Boot nach Astove Island und dann mit dem Flugzeug zurück nach Alphonse. Auf Alphonse haben wir einen weiteren PCR Test gemacht und auch noch einen Angeltag gebucht. Ich konzentrierte mich hauptsächlich auf die dort zahlreich vorkommenden Bonefische und fing 20 Exemplare bis Mitte 50 cm. Wo hat man schon mal die Möglichkeit auf so viele Bones?

Danach ging es für den Rest der Gruppe zurück in die Heimat. Ich verbrachte noch eine weitere Woche auf Praslin Island, wo unser Boot „Frency“ liegt. Der Reisebericht dazu folgt in Kürze. Infos zum Boot findet ihr unter www.boundlesscharters.sc oder auf unsere Website.

Ach ja, bei einem Dinner mit lokalen Freunden auf Praslin erzählte ich die Geschichte von Menai. Meine Freunde sind übrigens fest davon überzeugt, dass auf Menai Geister leben. Mervin erzählte mir, dass er vor einigen Jahren mit einer Gruppe auf der Insel war und dort eine zerfallene Kirche aus der Koloniealzeit fand. In den Ruinen war alles aufgeräumt. Eine Kerze brannte und ein Kelch mit frischen Blumen stand dort… Die Jungs nahmen den Kelch mit den Blumen als Beweis mit zurück in die Lodge. In dieser Nacht konnte keiner im Camp schlafen und man entschied sich den Kelch mit den Blumen am nächsten Tag zurückzubringen – die Kerze brannte immer noch …

Tight lines Stephan Kreupl, Februar 2021