Cabo Verde Charity-Cup Mai 2008

»Der Rest auch kein Anglerlatein!«

Endlich ist „die Wartezeit zwischen den Ausfahrten“ vorbei; diesmal verging sie noch zäher als sonst, dazu das schlechte Wetter und ein Megastress in der Arbeit. Zu allem Übel gab es für mich nur noch Flüge über Lissabon (6 Stunden Wartezeit) – Sal (Übernachtung) – Sao Vicente. Ich finde, heutzutage bei einer reinen Flugzeit von sieben Stunden eine unwirkliche und unnötige Belastung um auf die Kapverdischen Inseln zu kommen. Die Zeit in Lissabon wollte ich diesmal aber nutzen und mietete mir einen Führer mit Taxi. Nur soviel: Leute schaut Euch unbedingt mal Lissabon an, besonders die Altstadt ist wunderschön und einzigartig!

Bevor ich loslege, noch kurz etwas zu meinen Kilogrammschätzungen: Selbstverständlich ist mir klar, dass es eigentlich Unsinn ist, freigelassene Fische mit einer Gewichtsangabe in Verbindung zu bringen. Deshalb bitte das Ganze nicht auf die Goldwaage legen – es sind nur meine Schätzungen unter dem starken Einfluss einer Überdosis Adrenalin und Glückshormonen.

1. Mai 2008, endlich ist der ganze Reisestress vorbei und ich bin in Mindelo angekommen. Klamotten in die Ecke, schnell noch eine 80er hergerichtet und schon steht Ferdi vor der Tür. Er hat es tatsächlich geschafft, heute Nachmittag noch eine halbe Ausfahrt zu organisieren. Seit kurzem liegt ein Angelkatamaran vor Mindelo, den probieren wir heute Nachmittag aus.

Auf der Bank von San Pedro zeigte sich auch gleich der erste Blaue Marlin (ca. 150 kg); nach einigen Sprüngen sprengt er die Leine einer Bootsrute. Keine zehn Minuten später, ein zweiter Marlin (ca. 90 kg) verabschiedete sich ebenfalls nach seiner kurzen Showeinlage – der Haken geht raus, dass fängt ja gut an? Dann der Dritte, der bleibt endlich mal hängen (ca. 150 kg) – der Anfang ist gemacht. Tagesquote: 1:3.

2. Mai und erster Tag mit Ferdi auf der Bibiche, um 8.00 geht es los: Gegen 9.00 Uhr auf der Bank von San Petro die erste Attacke – der Fisch hängt; beim Reinholen der anderen Köder folgt ein zweiter Marlin bis kurz vors Boot: Sofort einige Meter „Free-Spool“ – schnell wieder einholen – da kommt er wieder angeschossen – „Peng“. Meine 80-Standup pfeift los. Jetzt kommt zuerst der „Stand-Up-Marlin“ dran und dann der Andere – immer schön Einer nach dem Anderen! Beides sind grössere Fische um 180 und 200 kg. Danach ist es wie abgeschnitten – kein Fisch mehr für den Rest des Tages, Tagesquote: 2:2.

3. Mai und zweiter Tag auf der Bibiche: Heute beginnt unser Charity-Cup: Drei Boote sind es vor Sao Nicolau; wir als einziges Boot starten von Sao Vicente aus. In aller Frühe geht es in Richtung Sao Nicolau. Die Überfahrt ist wie immer hart und stressig. Erst beim Passieren der Vogelinsel Raso kommt der erste Strike: Zwei große Wahoos fangen wir – zumindest unser Dinner für heute ist gesichert!

Auf der Höhe von Tarafal kommt dann doch noch ein Marlinstrike – damit wir nicht mit leeren Händen ankommen, nehmen wir den Marlin (365 lb.) mit. Noch zwei weitere Strikes folgen am Nachmittag; die Fische bleiben aber leider nicht hängen. Tagesquote: 1:3.

4. Mai und dritter Tag auf der Bibiche: Heute gilt es den gestern von Heiko auf seiner Black Marlin gefangenen Marlin mit 511 lb. zu überbieten.

Leider spielen die Fische nicht mit: Scheinbar sind sie heute nicht allzu hungrig – bei sieben Strikes fangen wir nur einen kleinen Blue um 90 kg. Ein Großer in der 500-lb-Klasse bleibt zwar auch beim „mit den Lures-Spielen“ hängen, verabschiedet sich aber leider nach der ersten Sprüngen. Heiko fängt an diesem Tag einen zweiten großen Marlin mit 520 lb. – er überbietet sich selbst und für ihn persönlich sein 230igster Marlin überhaupt! Scheinbar ist er hier im „Sao-Nicolau-Jagdrevier“ tatsächlich der „Marlin-Alphawolf“. Tagesquote: 1:7.

5. Mai, mein vierter Angeltag auf der Bibiche und auch der letzte Tag des Tournaments: Wir fangen nur einen von vier Marlinen (um 180 kg),
Tagesquote: 1:4.

Am Abend gibt es dann ein großes Dinner und die Siegerehrung. Alle Organisatoren, Crews, Helfer und Teilnehmer sind eingeladen. Dem mit großem Abstand verdienten Sieger Heiko Steinmetz den Pokal und unsere ehrliche Wertschätzung! Hier vor Sao Nicolau ist Heiko meines Erachtens nur schwer zu schlagen; er kennt „sein Jagdrevier“ bestens, beherrscht sein Boot und nicht zu vergessen Robertos (verhexte) Spezial-Ilander – in dieser Kombination ist Heiko mit seiner Black Marlin eine Klasse für sich! Insgesamt fingen die vier Boote: Albatros, Striker (beide von Sal), Bibiche und Black Marlin an vier Tagen 23 Marline. Drei wurden verwertet: 520 lb., 511 lb. und 365 lb; die anderen 20 zwischen 80 und 180 kg freigelassen.

Im Großen und Ganzen war unser Tournament eine wirklich gelungene Veranstaltung. Auch war die Freude über die drei Marline und die Spenden bei den Begünstigten: Dem örtlichen Roten Kreuz, Krankenhaus und der Fischereigenossenschaft Tarafal sehr groß!

6. Mai und fünfter Angeltag auf der Bibiche: Das Tournament ist zwar zu Ende, aber da vor Sao Vicente Starkwind angesagt ist, bleiben wir heute noch vor Sao Nicolau. Leider werden im Laufe des Tages auch hier die Bedingungen schlechter, dazu kommt noch „grünes Wasser“. Deshalb heute auch nur ein einziger Marlin kurz gehakt. Tagesquote: 0:1. Heiko ist zuhause geblieben. Eine Schildkröte konnten wir noch als gute Tat des Tages aus einem Fischernetz befreien.

7. Mai und mein letzter Angeltag auf der Bibiche. Mit dem ersten Hahnenschrei geht es los. Kaum aus dem Schatten von Sao Nicolaus heraus, packt uns die Kraft der Kapverdenwinde im Genick – kippelige, stark rollende See und eine sehr scharfe Brise machen die Überfahrt zum Teufelsritt; mühsam kämpft sich die Bibiche in Richtung Mindelo. Heute kein Fisch, Tagesquote: 0:0.

8. Mai und erster Angeltag auf Didiers neuem Boot – alles daran und darauf vom Feinsten! Wir fangen Drei von Neun (ca. 120 kg, 180 kg, 250 kg); den größten Marlin nehmen wir mit. Mit etwas Glück wäre heute die Quote noch höher ausgefallen, Tagesquote: 3:9.

10. Mai dritter und letzter Tag mit Didier: Zwei von sechs gehakten Marlinen ca. 120 kg und 230 kg fangen wir. Tagesquote: 2:6.

11. Mai und erster Tag mit Skipper Calu auf seiner Nha Crêtcheu: Am Vormittag fangen wir nur einen Marlin von Drei (ca. 120 kg). Danach zwei Stunden Funkstille, dann kommt ein Marlin-Monster pfeilschnell knapp unter der Wasseroberfläche von weit hinten und packt zielsicher meinen kurz laufenden lumofarbenen Pakulalure. Dabei leuchtete der Marlin die ganze Zeit weit sichtbar leuchtfarben-türkis – ein magischer Anblick und Moment, den ich wohl niemals mehr vergessen werde! Nach dem Crashstrike nimmt er sofort mehr als 600 Meter Leine in einem Run und taucht sofort ab; dabei springt er kein einziges Mal!?

Mühsam und mit höchster Anstrengung bekomme ich in der nächsten Stunde gerade mal einen Zentimeter Füllung zurück auf die Spule. Dann von einem Moment auf den Anderen, wird der Leinenwinkel flacher und plötzlich ist das Monster wieder an der Oberfläche. Calu prescht sofort rückwärts – bis auf zehn Meter kommen wir auch tatsächlich ran. Jetzt kurbele ich sogar die ersten Windungen Doppelleine auf – plötzlich kippt er zur Seite in unsere Richtung; seine mächtige Schwanzflossen drischt los; das Wasser spritzt dabei bis ins Boot; der Fisch spurtet durch, verdreht sich dabei auch noch im Vorfach und taucht fast senkrecht in die Tiefe. Nach zwei Stunden hänge ich wie ein angeschlagener Boxer in meinem Stand-Up-Gerät. Jetzt rührt sich gar nichts mehr, dabei sind wieder mindestens 600 Meter von der Rolle. Keinen Meter bekomme ich jetzt mehr auf die Spule. Was tun? Gemeinsam versuchen wir es mit Handschuhen; nach fast drei Stunden ist die Leine am Ende: „Peng“. Die Stimmung sinkt auf den Tiefpunkt; wir brechen ab und fahren zurück. Ich verzichte hier mit Absicht auf eine Gewichtsschätzung! Tagesquote: 1:4.

12. Mai und zweiter Tag mit Calu. Es wird einer der bisher erfolgreichsten meines Anglerlebens: Wir erreichen eine auch für Kapverden-Verhältnisse sensationelle Tagesquote: 10:13! Die Gewichte von neun Marlinen liegen zwischen 120 bis 150 kg; sogar einer um die 180 kg ist dabei. Auch die anderen Boote fangen heute super – am Abend eine Marlin-Flaggenparade im Hafen von Mindelo.

13. Mai und dritter Tag mit Calu. Heute läuft es nicht mehr so gut; wir erreichen immerhin noch eine Tagesquote: 3: 2 – aber nur „kleinere Exemplare“ zwischen 70 und 120 kg.

14. Mai, vierter Tag mit Calu und mein letzter Angeltag. Wir beschließen, den vielen „kleinen Marlinen“ vom Vortag wegen, heute mit kleineren Lures anzugreifen. Das zahlt sich aus: Tagesquote: 3:4. Unbedingt will Calu jetzt noch Einen (Marlin Nummer 30) für mich zum Abschied an die Lures locken – mein Flieger geht um 19.00 Uhr! Calu gibt immer noch keine Ruhe und umkreist einen letzten Vogelschwarm; mittlerweile ist es 16.30 Uhr und ich dränge mit Nachdruck auf die sofortige Rückfahrt.

Die Jungs holen gerade den letzten Köder ein: „Peng“! In der der letzten Minute fangen wir dann doch noch einen schönen Wahoo. Um 17.15 Uhr sind wir dann endlich in der Marina.

Insgesamt hatte ich bei 13,5 Ausfahrten 74 strikes und fing 29 Blaue Marline! Die erste Woche war im Vergleich zur 2. Woche eher für kapverdische Verhältnisse durchschnittlich. Bedingt durch heftige Winde und grünes Wasser fingen wir „nur“ 6 Marline. In der 2. Woche bei besseren Bedingungen fingen wir 23 Marline.

Das Durchschnittsgewicht lag in den zwei Wochen – meine und die gefangen Fische auf anderen Booten (Hören-Sagen) – bei ca. 130 kg, also knapp 300 lb. Die besten Lures für mich waren: Williamson Diamond Advocate, Black Bart Hawaiian Breakfast, Williamson Big Blue Cavitator, Black Bart Abaco Prowler, Williamson El Dingo und Pakula Sprocket Lumo der in den ewigen Fischgründen am Monstermarlin hängt …

Stephan Kreupl in May 2008