Kapverdische Inseln – edle Gladiatoren der Meere

Ein Kampf wie er härter nicht sein kann. Eine Herausforderung an Muskeln und Gefühl. Ein Drill am Limit der Belastung für Fisch, Mensch und Material: Big Game! Besonders begehrt: der Marlin. Gladiator der Meere. Seit Jahren beangelt von den Buchautoren Stephan Kreupl und Robert Rein. Lesen Sie hier Ihren Erlebnisbericht von den kapverdischen Inseln, einem Eldorado für Schwertfische von bis zu 1.000 (!) Pfund.

Doppelstrike. Mein Marlin springt am Horizont, leider aber ohne Haken. Schade. Ich schaue nach links, Stephans „Fisch“ zieht langsam ab. Der Biss ist untypisch für einen Schwertträger, daher rechnet keiner von uns mit einem Big Blue. Plötzlich reißt es Stephan beinahe über Bord und die Post geht ab. Die Leine schießt von der Rolle. 300-400-500 jetzt sind mindestens 600 Meter abgelaufen. Wir beobachten den Horizont, Cepriane, unser Kapitän, sieht ihn als Erster: „Big Marlin 8 Uhr“. Der Fisch kommt in ganzer Größe aus dem Wasser, scheint für einen Moment in der Luft zu stehen, um dann mächtig und mit einem riesigen Splash zurückzufallen…

Wir müssen näher ran und fahren rückwärts. Der Marlin taucht ab, Stephan drillt was das Zeug hält. Die Leine ist an der Belastungsgrenze. Wir stehen jetzt nicht mehr weit vom Fisch, der Leinenwinkel wird flacher, er kommt hoch. Keine 100 Meter von uns springt der Big Blue in seiner ganzen Länge und Schönheit aus dem Wasser. Seine blauenStreifen und der silberne Bauch leuchten und schimmern in der Sonne.

 

Wilde Schwertschläge

Er hängt nur an einem Haken und schlägt wild mit seinem Schwert um sich. 3-4-5-mal springt er und taucht wieder ab, die Leine saust von der Rolle, der Marlin zeigt noch keine Müdigkeit. Stephan fightet wieder. Plötzlich: „Sch…weg“. Stephan lässt die Arme hängen… Damals, im Juli 2000, war er sich sicher, den Marlin seines Lebens verloren zu haben. Diesen „Verlust“ konnten wir nicht einfach so auf uns sitzen lassen. Also starteten wir vor kurzem zu einer neuen Tour. Gleich bei der ersten Ausfahrt, gegen Mittag bei spiegelglatter See, ein riesiger Marlin kommt, von einem Moment auf den anderen, an die Oberfläche und attackiert alle Köder; sogar einen 18 cm Rapala. Nacheinander laufen alle Rollen kurz an; 2 Minuten Ruhe, dann ist er wieder da. Jetzt hat er einen Köder ausgewählt, scheint ein aber nicht packen zu können.

 
 

Mit aufgerissenem Maul

Nun kommt er mit aufgerissenem Maul auf Stephans Köder zu; wir nehmen das Gas zurück, der Köder „schwimmt“ dem Marlin förmlich ins Maul… Vollgas … der Marlin hängt, springt mehrmals in Bootsnähe ganz aus dem Wasser und rast ca. 300 Meter los. Danach kommt keine Flucht mehr, der Marlin verhält sich unerwartet friedlich. Nach einer guten halben Stunde haben wir den Wirbel das erste Mal an der Rutenspitze. Der Marlin ist allerdings noch nicht müde. Stephan drillt den Fisch jetzt schon 1 1/2 Stunden ums Heck herum. Die Crew versucht immer wieder, ihn am Vorfach in Gaffnähe zu ziehen – leider vergebens; der Fisch ist noch „green“! Jetzt, nur noch ein guter Meter fehlt, gerade berühren wir ihn mit dem Gaff… das ist ihm dann doch zuviel; er „explodiert“ und springt direkt vor unseren Augen mehrmals in voller Länge aus dem Wasser.

 

Blick in seine Augen

Wir schauen ihm dabei tief in die Augen und werden klatschnass. Nach 2 3/4 Stunden versuchen wir es erneut, mit vereinten Kräften packen wir das Vorfach und versuchen den Marlin, mit dem Kopf voran, ans Boot zu ziehen. Wenn das gelingt, haben wir eine Chance. Noch ein halber Meter. Wir haben es geschafft – „Peng“ – der Fisch hat das Vorfach gesprengt und uns haut es voll auf die Planken. Der Marlin taucht seelenruhig ab und verschwindet, in all seinen Farben leuchtend, auf Nimmerwiedersehen in der unendlichen Tiefe des Atlantiks. Nach einigen Schweigeminuten schätzen die Jungs den Marlin auf mehr als 1.200 lbs. Stephans Frust brauchen wir wohl nicht näher zu beschreiben: „Das war er, der Fisch meines Lebens; das zweite Mal einen Big Blue vor den Kapverden verloren. Vielleicht soll es nicht sein!?“ Nächster Tag, nächstes Glück, gleiches Planquadrat. Gleich in der Früh fangen wir große Wahoos, sichten einen großen Tigerhai und einen Hammerhai. Gegen Mittag wiederum glatte See. Plötzlich kommt ein großer Schatten aus der Tiefe und schwimmt hinter einem unserer Köder her.

 

Der Köder ist im Maul

Ähnliche Situation wie gestern, der Marlin hat Probleme den Köder zu packen. Gleiches Spiel, wir nehmen das Gas zurück und warten bis der Köder im riesigen Maul verschwunden ist.

Vollgas … der Marlin hängt und ab geht die Post. Er startet ca. 600 Meter durch und taucht ab, springt dabei aber kein einziges Mal. Wir sind sicher, dass es keinKleiner ist! Nach 1 1/2 Stunden hartem Drill ist der Marlin direkt beim Boot. Stephan ist klatschnass geschwitzt und auch am Ende. Wir gaffen, vertäuen ihn und versuchen ihnmit vereinten Kräften über die Reling zu ziehen. Leider ist der Marlin zu schwer. Zu unserem Glück beobachteten uns drei Einheimische Fischer und kommen zu Hilfe. Zu Sechst schaffen wir es dann endlich, ihn ins Boot zu ziehen. Dieser Marlin ist aber ein gutes Stück „kleiner“ als der Gestrige!? Da wir keine Waage haben, vermessen wir den Fisch und sind uns sicher das es ein Grander ist. Sofort erhöhen die Jungs das Gewicht des gestrigen Marlins auf … – reden wir nicht drüber.

 
Stephan Kreupl im Oktober 2001