A Grander Slam!

4. Anlauf, Great Barrier Reef – mission „completed“

Die Zielsetzung war klar. Nachdem ich das unfassbare Glück hatte, 2007 einen Pacific Blue Marlin mit 1238 lbs (IGFA Weltrekord) vor der Insel Rodrigues im Indischen Ozean mit Skipper Yann Collas zu fangen und 2011 einen Atlantic Blue Marlin auf den Kapverden von 1150 lbs mit Skipper Zak Conde nachzulegen, redeten meine Angelfreunde auf mich ein, Anglergeschichte schreiben zu müssen und noch einen Black Marlin von über 1000 lbs zu fangen – der so genannte „Triple Grander Slam“. Kein Mensch als Angler hat das in einem Leben bisher geschafft. Der 1000 lbs Black Marlin wäre doch so einfach zu fangen, meinten sie alle. Einmal ans Great Barrier Reef gefahren und der erste weltweite Grander Slam als Angler wäre geschafft …

Ich habe damals nicht lange überlegt. Die Idee war gut und das Ziel war klar vor Augen. In Wirklichkeit sah das allerdings alles etwas anders aus. Auch am Great Barrier Reef springen einem die Grander Marline nicht so einfach mal ins Boot. In der Saison zwischen Anfang Oktober und Ende November sind täglich über 20 Boote auf einem Gebiet von ca. 200 Seemeilen den großen Black Marlinen auf der Spur. Es werden auch einige in dieser Zeit gefangen. Wenn Du zur richtigen Zeit am richtigen Ort bist, dann noch das Glück hast, einen richtig großen Fisch zu finden, der deinen Köder nimmt, ihn zu haken, ihn bis ans Boot zu bekommen und laut den Regeln der IGFA zu fangen, dann hast Du es geschafft. Dass dabei alles mitspielen muss (Kapitän, Crew, Angler, Boot, Material, alle Knotenverbindungen, Timing, Haie und viel, viel Glück), steht auf einem anderen Blatt. Der kleinste Fehler oder eine Unachtsamkeit werden in dieser Gewichtsklasse nicht verziehen und entscheiden über Erfolg oder Misserfolg.

Im ersten Anlauf vor 5 Jahren hakten wir in 12 Angeltagen neben einigen kleineren Exemplaren auch einen richtig großen Black Marlin der 1000 lbs Klasse. Nach 45 Minuten Kampf auf Biegen und Brechen kam uns der Köder mit Haken entgegen und der Marlin war weg. Im zweiten und dritten Anlauf haben wir gar keinen Marlin in dieser Gewichtsklasse zu Gesicht bekommen und fingen „nur“ Fische bis 850 lbs – die Ernüchterung war entsprechend groß.

Beim vierten Anlauf hat es nun endlich geklappt einen Black Marlin mit über 1000 lbs nach den Regeln der IGFA zu fangen und somit den ersten weltweiten Grander Slam als Angler zu schaffen.

Mit Tim Richardson (Australien) als Kapitän und Eigner der 49 Fuß großen „Tradition“, den beiden weltweit erfahrenen Crewmännern Nicolas Bovell (Canada), Mike Tarmey (USA) und mir als Angler bekamen wir gleich an unserem 1. Angeltag am Ribbon Reef No. 5 um 17:15 Uhr den lang ersehnten Biss des Grander Blacks. Es war ein riesiger Fisch weit über der von uns gesetzten Marke. Am Great Barrier Reef lautet die Grundregel, den Fisch so schnell wie nur irgendwie möglich an das Boot zu bekommen. Dauert es zu lange, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Fisch den zahlreichen Haien am Riff zum Opfer fällt und man am Ende nur noch ein Stück Schnur aus dem Wasser zieht.

Als unser Wireman Nicolas Bovell den Fisch zum ersten Mal am Leader hatte und der Marlin direkt vor uns aus dem Wasser sprang, war uns allen klar, das ist der Fisch, den wir wollen. Wir hatten ihn noch ein paar Mal am Leader, bevor Mike Tarmey das Gaff setzen konnten. Als der Marlin dann am Gaff hing, spritzte das Wasser bis über die Brücke der Tradition. Nicolas versuchte, das 2. Gaff zu setzen, hatte aber keine geeignete Gelegenheit dazu. Der Marlin machte einige Wendungen, rechte Reling, linke Reling und unter dem Boot hindurch. Unglücklicherweise geriet dabei das Vorfach in die Schiffsschraube und riss ab. Dann hing der gewaltige Fisch „nur“ noch am Gaff, das er dann einfach aufbog, und er war wieder frei. Aufruf an die Firma „Top Shot“ – wir brauchen stärkere Gaffs!!! Ja, wir hatten den Fisch gefangen, wollten ihn dann aber auch ins Boot ziehen und offiziell wiegen. Das ist uns leider nicht geglückt – somit beendeten wir unseren ersten Angeltag am Great Barrier Reef mit einem lachenden und einem weinenden Auge. An diesem Tag hätten wir 2 weitere Hände gut gebrauchen können. 1x um die frühe Chance zu nutzen, das 2. Gaff zu setzen und 1x um tolle Fotos für die bleibende Erinnerung zu machen – Scotty (Aqua Paparazzi) – Du hast uns gefehlt!

Am 9. Angeltag sollten wir, ca. 25 Meilen nördlich vom Ribbon No. 10 unsere 2. Chance bekommen. Das Meer war ausgesprochen ruhig an diesem Tag, tiefblaues Wasser, und wir waren weit und breit das einzige Boot an diesem wunderschönen Platz. Gegen 12:00 Uhr kam wie aus dem Nichts ein gewaltiger Marlin aus der Tiefe, schnappe sich unsere Makrele am langen Rigger und war auch gleich gehakt. Der Fisch ging nie in die Tiefe, und Nicolas hatte ihn nach ca. 15 Min. am Leader. Dabei sprang er in weiten Sätzen direkt vor uns komplett aus dem Wasser. Auch das war ein gewaltiger Marlin weit über der 1000 Pfund Marke. Tim setzte mit der Tradition nach allen Regeln der Skipperkunst im Rückwärtsgang nach, und wir hatten den Marlin noch ein paar Mal am Leader. Mike wartete mit dem Gaff in den Händen auf die passende Gelegenheit, den Fisch perfekt zu gaffen. Ohne einen 100prozentigen Gaffshot hätten wir keine Chance den Fisch ins Boot zu bekommen. Nach ein paar weiteren Sprüngen am Leader kam uns dann der Haken mit dem halben Köderfisch entgegen und der gewaltige Fisch war wieder frei. Auch diesen Marlin haben wir nach den Regeln der IGFA gefangen und hatten am Ende des Tages wieder mal ein lachendes und ein weinendes Auge im Gesicht.

In 12 Angeltagen am Great Barrier Reef hatten wir insgesamt 34 Marlinstrikes und konnten davon 19 Black Marline fangen und markieren.
Die größten Fische hatten ein seriös geschätztes Gewicht von +1100 lbs, +1100 lbs, 850 lbs, 750 lbs. Ein Fisch der Mittelklasse lag bei ca. 600 lbs und der Rest zwischen 100 und 200 lbs. Ein weiterer Marlin der 500 lbs Klasse fiel nach 10 Minuten Drillzeit den Haien zum Opfer, und wir bekamen nur noch ein durchgebissenes Stück Monovorfach zurück.

Viele werden sich fragen, ob das gesetzte Ziel nun für mich persönlich erreicht ist? Alle die mich kennen, wissen, dass ich es sportlich nehme und die Mission irgendwann einmal mit einem offiziell gewogenen Grander Black Marlin und 2 lachenden Augen abschließen möchte. Wahrscheinlich wollte das Great Barrier Reef mich wiedersehen – der nächste Anlauf kommt bestimmt. 

Vielen Dank an Tim Richardson, Nicolas Bovell und Mike Tarmey. Wir waren ein großartiges Team und hatten eine tolle Zeit am sagenumwobenen Great Barrier Reef. 

Resümee:

Es besteht in dieser Gewichtsklasse ein riesiger Unterschied zwischen einem so genannten releasten Fisch und einem im Boot liegenden und getöteten Fisch – das wurde mir am Great Barrier Reef mehr als einmal klar. Das Fischen auf diese Giganten ist absolutes Teamwork, und der allerkleinste Fehler entscheidet über Erfolg oder Misserfolg. Natürlich gehört auch immer eine ordentliche Portion Glück mit dazu oder wie man so schön sagt „wenn es sein soll, soll es sein“. 

Bei dem Biss der großen Fische waren immer alle Mann voll im Einsatz und wir konnten leider keine Fotos mit unseren Profi-Kameras machen. Die einzigen Bilder, die wir haben, entstanden aus unseren mitlaufenden GoPro’s. Wie wir alles wissen, sehen die Fische auf diesen Kameras – bedingt durch die Perspektive – immer recht klein aus. Ihr könnt mir glauben – sie waren aber gewaltig ☺ 

PS: Da das Marlinangeln im absoluten Focus stand, war für das Fischen mit Poppern oder den kiloweise mitgebrachten Jigs kaum bzw. gar keine Zeit und die großen „Beifänge“ der dort lebenden Riffbeisser blieben somit aus.

Stephan Kreupl im November 2015