Meeresangeln an Spaniens Mittelmeerküste

»September-Oktober 2007 auf Pallomettas im Ebrodelta«

Vielleicht weil wir ein gewisses Alter erreicht haben oder auch nur beeinflusst durch den „Fortschritt“ bzw. die Selbstdarstellung der neuen „Super-Big-Game-Welt“, geht bei uns (Alten) die anglerische Entwicklung beim Meeresangeln immer mehr hin (zurück) zu seiner ureigensten Form, will sagen: Die Köder selbst besorgen oder fangen, eigenes Gerät und Montagen, Planung und Urlaubsvorbereitung sehr intensiv; wenn machbar auch noch selbst das Boot fahren und ganz besonderen Wert legen wir auf: Vom Strike bis zum Filetieren der Fische muss der (das) Angler(-Team) alles selbst machen – wir nennen es mal auf Neudeutsch – „All-Selfmade-Fishing“!

Mein alter Angelfreund Reinhold Schwarzwälder, der diese Form des Meeresangelns seit Jahrzeiten am Rio Ebro betreibt, war deshalb auch wieder einmal mein Angelpartner – oder besser: ich durfte mit ihm dort unten die hohe Kunst des Pallometta-Angelns betreiben/erlernen! Auch ist diese Gegend bestens für Familienurlaub geeignet – deshalb auch mit unseren Partnerinnen ! Die Ziele waren also klar abgesteckt: Den ein oder anderen Pallometta auf die Schuppen legen, gut Essen und Trinken, das schöne spanische Spätsommerwetter genießen und Ausflüge mit unseren Mädels. In jedem Fall aber kein Angeln auf Teufel komm raus, rund um die Uhr!

Reinholdos und Dagmars Urlaubsplanung war 3 Wochen Ebrodelta; mit der Grund, warum die Beiden den Stress auf sich nahmen und 1500 km mit eigenem Auto anreisten. So war aber auch gewährleistet, dass wir mit komplett eigenem Gerät das Ganze angehen konnten! Christa und ich flogen (mit Billigangebot !) von München nach Barcelona, wo uns Reinholdo mit dem Auto abholte – das ist echte und wahre Anglerfreundschaft!

Hier gebe ich ab an Reinholdo – ihm gebührt die Ehre unsere Ebro-Abenteuer aus seiner Sicht zu erzählen; denn ohne seine Erfahrung, Ortskenntnisse und sein anglerisches Können, wäre das Ganze mit großer Wahrscheinlichkeit für Jürgen und mich eine Nullnummer geworden.

„Robertos (vom 29. September bis 6. Oktober) Ebro-Woche“ war bis auf einen Tag durchgängig fischbar; nur am Mittwoch machten Regen und Starkwind eine Ausfahrt unmöglich. Mit den Köder-Meeräschen hatten wir beim Fangen und ganz besonders durch die vielen Bluefish-Attacken unsere liebe Not. Obwohl wir uns beim Poppern auf Bluefish und Pallometta sehr bemühten, blieb uns ein Erfolg verwehrt. Wir lockten zwar mit unseren (hart erkämpften) Köder-Meeräschen einige Bluefische und Pallomettas ans Boot; die interessierten unser Popper-Geschaftelei (mit exklusivstem Gerät und edelstem Ködern) überhaupt nicht. Unser erster Eindruck deshalb: Poppern im Ebrodelta auf Pallometta geht nicht.

An Robertos letztem Angeltag war deshalb auch nur noch langsames Schleppen mit Meeräschen angesagt; und siehe da, ein Fisch von 22 kg „erbarmte sich“ – sozusagen in letzter Minute – doch noch und fraß eine unserer Meeräschen. Aber unter welchen gespenstigen Umständen: Genau in der schmalen Ebroeinfahrt kam der Biss, 100 Meter hinter uns ein großer Fischkutter mit Volldampf in unserer Richtung, 20 Meter querab an Steuerbord die mächtige Ebro-Mündungsboje und keine 30 Meter an Backbord die berühmt berüchtigte Delta-Sandbank mit ihren weißen, brechenden Wellen. Chaos brach auf unserer kleinen, motorisierten Nuss-Schale aus. „Fisch hängt … er ist weg … stopp, er hängt doch noch – ich wuselte dabei um Roberto herum und versuchte meinen (ihm nicht passenden) Gimbal umzulegen; und, die zweite Rute musste ja auch noch rein. Unser Boot, sich selbst überlassen, trieb dabei zielsicher in Richtung Sandbank – kurz vorm „Abgrund“ endlich Vollgas und nichts wie weg; aber da war ja noch unser Kollisionskurs mit dem Fischkutter… ?! Der spanische Kapitän reagierte jedoch schnell und vorbildlich; als er die Hektik auf unserer Nuss-Schale erkannt hatte, stoppte er sofort und legte dann noch in der schmalen Fahrrinne den Rückwärtsgang ein, um uns den Drill nicht zu versauen. An dieser Stelle unbekannterweise vielen Dank dafür – das war wirklich super ! Jetzt endlich, aus dem Gefahrenbereich heraus und alle Hindernisse weit weg, lief der Drill dann doch ganz entspannt und erfolgreich ab. Ein bildschöner „Rekord-Size-Pallometta“ – IGFA-Name: Leerfish oder Garrick, 22 kg. Unsere Freude war riesig – Poseidon sei Dank, doch noch Einen erwischt!

Am Montag hatte ich Geburtstag und fuhr deshalb nur kurz aufs Meer hinaus. Mit den Geburtstagsgeschenken eines Angelfreundes: Vier Meeräschen – hier im Delta in Mangelzeiten wertvoll ! Sie brachten mir immerhin eine (geschätzten) 10 kg Pallometta; den ich problemlos wieder freilassen konnte. Anschließend feierten wir noch ausgiebig, so das ich Dienstags nicht ganz so früh zum Angeln rauskam. Das Meer war ruppiger als sonst und das Wasser vom aufgewühlten Sand etwas eingetrübt. Aber an der Sandbank war wieder der Teufel los – da musste doch wieder ein Popper zuschlagen. Der erste Biss ließ nicht lange auf sich warten; zeigte mir aber meine Grenzen beim „Alleineangeln“ auf. Der Fisch zog hinter die Sandbank, wohin ich ihm alleine nicht mehr folgen konnte und knackte mir kurz darauf die Leine. Na ja, einmal noch – also wieder sorgfältig montiert und wieder den Popper rein in die jagenden Pallomettas. Mein Glück war heute noch nicht ausgereizt: Ein zweiter Fisch stürzte sich gierig auf den Popper. Auch nicht von schlechten Eltern, brachte er meine (scheinbar) doch etwas zu leichte Popperausrüstung bis an ihre Belastungsgrenze und mein Blut dabei heftigst in Wallung. Mit einer 31er STREN 8 kg Leine konnte ich mit viel Glück einen Pallometta mit glatt 20 kg landen. Der Drill dauerte ewig und zeitweise erschien er schon verloren; aber, wenn man halt den Fisch fangen soll, fängt man ihn auch – egal was zwischendurch passiert (§1 der Reinholdschen-Angelregeln).

Dieser Drill zeigte mir aber auch, dass zwar die 6000er Stella nahezu unbegrenzt belastbar ist, aber meiner 100 Gramm Fox Rute die Kraft um solchen Fischen wirklich Paroli bieten zu können letztendlich fehlt. Die Popperangelei steckt am Ebro noch in den Kinderschuhen; auch bin ich sicherlich auf dem Poppergebiet noch Anfänger bzw. da gibt es noch viel für mich zu lernen ! Aber das macht das „All-Selfmade-Fishing“ ja noch spannender und interessanter: „Trial and Error“, wie im richtigen Leben halt – auch wenn es manchmal Lehrgeld kostet! Leider müssen die nächsten Versuche bis Herbst 2008 warten. Also alles zu seiner Zeit und die Vorfreude auf die nächste Reise und das nächste Angel-Abenteuer (auf Mauritius) machen ja nahezu alles erträglich!

Was fingen andere Angler in den 3 Wochen: Viele schleppten mit Kunstködern oder Köderfischen am System auf Bluefish; deshalb wurden auch sehr viele erlegt – an leichtem Gerät ein spannender Drill und großer Spaß! Goldmakrelen: Ein großes Boot – das auch weiter rausfährt – fing täglich; bei einer Ausfahrt sogar 17 Stück zwischen 90 und 110 cm ! Amberjacks: In dieser Saison (unseres Wissens) eine Nullnummer. Wolfbarsche: Viele – auch wir drei kleinere bis ca. 3 kg, obwohl wir nicht gezielt darauf angelten!

Die drei Wochen auf einen Blick – die Zahlen sind durch die vielen erfolglosen Popperattacken etwas geschönt:

Pallomettas (Leerfische) Ausfahrten Strikes Fänge
Reinhold + Robert 4 3 1 (22 kg)
Reinhold + Jürgen 2 1 1 (21 kg)
Reinhold alleine 4 10 4 (27, 20, 10, 8,kg)
zusammen: 10 14 6 (118 Kg)

Reinhold Schwarzwälder und Robert Rein, im Oktober 2007