Salzwasser im Blut

Mit meinem 6. Lebensjahr fing alles an. Damals nahm mich mein Vater zum Forellenangeln einmal mit. Von da an begann für mich die große Leidenschaft des Fischens.

Ende der Siebziger Jahre besuchten wir Florida und landeten irgendwann in Key West. Dort standen die schönen weißen Yachten in der Marina und brachten Fische mit langen Schwertern und großen Segeln an die Stege. Als ich das sah, war für mich sofort klar – so einen Fisch will ich auch mal fangen. Ich charterte mit noch einigen Touristenanglern ein Boot. Am Ende des Tages lag eine bunte Palette an Snappern, Groupern und Makrelen in der Eisbox – einen Segelfisch hatten wir jedoch nicht gefangen.

Wieder Zuhause angekommen war ich völlig im Bann, einmal im Leben so einen Segelfisch fangen zu müssen. Zu dieser Zeit war es schwierig, in Deutschland an adäquate Informationen über das Hochseefischen heranzukommen. Internet und Mobiltelefone kannte man noch nicht. US-Magazine und Bücher mussten her. Wir sogen jegliche uns zur Verfügung stehenden Informationen auf – danach blieb uns nur „Learning by Doing“.

Anfang der 80er Jahre machten wir Ferien auf Hawaii – dem ultimativen Platz des Big Game Fischens. Leider waren wir zur falschen Zeit an diesem tollen Ort. Wir fingen Wahoos, Dorados und Yellowfins – doch ein Schwertträger war auch dort wieder nicht dabei. Die Hoffnung stirbt zwar zuletzt (sagt man), aber nach dem vierten Urlaub und über fünfzig Ausfahrten ohne Marlinkontakt war dann auch meine (damalige) Frustrationsgrenze erreicht – niemals mehr zum Marlinangeln nach Hawaii?

Im darauf folgenden Jahr landeten wir dann doch wieder auf Hawaii; dieses Mal klappte es endlich mit meinem ersten hart erkämpften Marlin. Bei Ausfahrt Nr. 61 und wohl am tiefsten Frustrationspunkt meines bisherigen Anglerlebens kam endlich mein erlösender Marlinstrike und Hookup. Es war ein kleiner Gestreifter Marlin mit ca. 120 lb – mein erster Marlin nach all den vielen Jahren – Mensch war ich glücklich…

Danach ging es 1992 nach Kenia. Wir wurden reich mit dem Fang von dutzenden Segelfischen und tonnenweise Beifang belohnt. Von da an ging es stetig aufwärts mit den Fangerfolgen.

Neue Reiseziele mussten erkundet werden. Ich war wie besessen, kaufte meine erste Big Game Ausrüstung, bastelte Tage an Angelknoten und Doppelleinen, praktizierte Belastungstests und Trockenübungen. Ich wollte immer mehr selber machen können und versuchte, immer mehr zu perfektionieren. In der Theorie funktionierte vieles besser als später in der Praxis.

Getreu dem Motto „andere Länder, andere Sitten“ kann man das auch auf das Fischen beziehen. Die Aufgabe bestand darin, sich nach jedem Angeltrip die besten Tipps und Tricks von all den Skippern und Bootsmännern herauszufiltern und immer mehr zu optimieren und zu perfektionieren.

Auf Rodrigues am 30. Januar 2007 folgte der absolute Höhepunkt meiner Anglerkarriere. Mit einem Zyklon im Rücken und 4 Meter hohen Wellen schnappte sich ein Marlin meinen Köder. Es war ein großer Marlin, der Marlin meines Lebens. Es war ein 1238 Pfund schwerer Pazifik Blue Marlin und gleichzeitig ein IGFA Weltrekord in der 80 lbs Klasse. Der Marlin biss auf einen meiner namenlosen Köder, den ich viele Jahre mit im Gepäck hatte. Diesen Köder konnte und wollte ich danach auf keinen Fall mehr verlieren und beschloss, ihn in die Vitrine zu legen und nie wieder durch das Wasser zu ziehen.

Ich begann, Bücher zu studieren, um zu lernen, wie man Marlinlures am besten baut. Ich wollte genau diesen Köder nachbauen. Es wurden Skizzen angelegt, technische Zeichnungen erstellt und im Keller auf der Drehbank Lureköpfe gedreht. Danach wurden die Musterlures im Urlaub getestet. Einige landeten im Müll und einige wurden in Serie produziert. So entstanden unsere BluewaterFishing Lures, mit denen ich im Mai 2011 auf den Kap Verden meinen zweiten gewogenen Marlingrander, einen Atlantic Blue Marlin mit 1150 lbs fangen konnte. Die BluewaterFishing Lures sind mittlerweile weltweit im Einsatz und eine meiner größten Freuden besteht darin zu sehen, wie andere Angler mit diesen Ködern Fische fangen und glücklich werden.

Neben der Jagd auf Großfisch fand ich in den letzten Jahren immer mehr Interesse am Popper- und Fliegenfischen. Dieses Interesse steht auch bis jetzt im Vordergrund. Es geht nicht mehr um die ultimative Größe, das ultimative Gewicht sondern mehr um die Atmosphäre um einen herum – bis auf eine einzige Ausnahme. Da noch kein Angler auf der Welt den gewogenen Marlin-Grander-Slam fangen konnte, habe ich mir dieses Ziel vor Augen gesetzt und versuche mein Angler-Glück am Great Barrier Reef mit einem Black Marlin Grander zu vervollständigen.

Nach 8 Jahren und 96 Tagen am Great Barrier Reef hat es nun endlich geklappt, einen Grander Black Marlin mit 1032 lbs offiziell zu fangen und zu wiegen und somit weltweit den first Marlin Tripple Grander Slam geschafft zu haben. Es war eine harte Zeit – die Jagd auf den ultimativen Rekord ist nun zu Ende. Ihr könnt nicht glauben wie viel Tonnen Last von meinen Schultern gefallen ist. Ab jetzt bekommt das Angeln auf Marlin für mich eine neue Dimension; kein Stress mehr, keine Jagd auf Rekorde, nur noch reines Fun-Fishing.

Tight Lines, Stephan Kreupl